Fr. Mrz 29th, 2024

Verallgemeinerungen und sprachliche Unschärfen von Judith Holofernes im Gespräch mit der Süddeutschen: über Berlin: ….“…in einer Stadt zu leben, wo man den allermeisten Leuten anmerkt, dasss es ihnen nicht in erster Linie ums Geldverdienen geht….“, über Kreuzberg: … „…, wenn unsere Kinder ins schulpflichtige Alter kommen, denn das ist in Kreuzberg ein unlösbares Problem, durch die hanebüchene Berliner Schulpolititik…“, über Zehlendorf: …“..Ich will nicht nach Zehlendorf, …, wenn in meiner Umgeung nur Anwälte und Ärzte wohnen….“…(Textauszüge)

Richtig: Die Babypause scheint vorbei. Judith Holofernes promotet dieser Tage das neue Machwerk der Band Wir sind Helden. Das tut sie multipel, multimedial und mit Leichtigkeit. Es war immer so, in den letzten Jahren. Wir sind Helden gehören zu den bundesdeutschen Topacts, die sich gut verkaufen. Auch wegen der witzigen, distanzierten Leichtigkeit, mit der die Texte dieser Band einen spröden Charme versprühen.


Wir sind Helden – via tvnoir (via youtube)

Dass Judith Holofernes aktuell kaum von Existenzsorgen geplagt wird, wissen wir. Dazu hat sich die Arbeit der Band in den letzten Jahren zu gut verkauft. Man kam mehr als über einen Tag hinaus und konnte -auch ohne Knaxx-Sparbuch der Berliner Sparkasse- ein paar Penunsen auf die hohe Kante legen. Berlin ist jetzt für Judith Holofernes ein Eldorado derjenigen, die ihre Sache als Künstler in erster Linie „für lau“ machen, also ohne damit Geld zu verdienen. Aber, wo leben wir denn?

Dr. Rainer Bieling greift ein Interview von Judith Holofernes in der Süddeutschen vom 24.08.2010 auf und kritisiert die Haltung der Sängerin. Im Kern wie folgt:

Sehr bedauerlich zu lesen, dass die sehr sympathische Sängerin zu jenem Milieu gehört, das der Marktwirtschaft feindselig gegenübersteht. Die Haltung ist leider typisch für Menschen, die ihr Geld mit der angenehmsten aller Arbeiten verdienen, einer selbstgewählten, selbstbestimmten und selbsterfüllenden. Statt dessen wäre es ausgesprochen wünschenswert, wenn es in Berlin mehr Menschen gäbe, denen es in erster Linie ums Geldverdienen geht; denn schon heute leben knapp 20 Prozent aller Hauptstädter von dem Geld, das andere für sie verdienen: eine Umverteilung in großem Stil – und ohne Schamgefühl. Denn die, deren Steuergeld hier konsumiert wird, verrichten in der Regel keine so lustvolle Arbeit wie Judith Holofernes. (Zitat Dr. Rainer Bieling, hier)

Und richtig gedacht, denn was Judith Holofernes meint, sagt sie nicht so richtig. Sie widerspiegelt da in erster Linie ihr eigenes Erleben seit dem Coming Out als neue deutsche Sangesheldin. Sie hatte vorher jahrelang recht erfolglos als Liedermacherin getingelt, ebenfalls „für lau“. War denn das ihre beste Zeit?

Heute muss sie sich kaum noch Gedanken um „die Apanage“ machen, der Rubel rollt. Wie leicht hätte Judith Holofernes ihre Popularität nun dafür nutzen können, für eine Veränderung der Verhältnisse von Live- und Popmusik einzutreten.

  • Für andere GEMA-Regelungen beispielsweise, die es auch kleinen Veranstaltern erlauben, Livekonzerte abzuhalten und Mindestgagen zu bezahlen, anstatt im Wesentlichen an die Urheberrechts-Wächter überzogene Pauschalgebühren einzufordern. Seit längerem ein Fight, den bspw. der Jazzschlagzeuger Ernst Bier ausficht.
  • Für ein gesellschaftliches No Go, Musikbands kostenlos auf allen möglichen Events auftreten zu lassen, und damit für eine Bezahlkultur, wie sie selbst iTunes, musicload und andere Titelvermarkter längst durchzusetzen versuchen und glaubt man den Zahlen, mit Erfolg.

Zurück zum Interview mit Judith Holofernes, der Leser „Hubert“ schreibt über das Interview folgenden Kommentar dort (ist unten verlinkt):

Aha, sie will also nicht zwischen Ärzten und Anwälten wohnen. Ich denke aber, dass sie die Dienste dieser Zehlendorf-Spiesser gerne in Anspruch nimmt, wenn ihr Kind krank ist oder ihr Album illegal downgeloadet wird. Sorry, das ist so doppelzüngig, das es einem schlecht werden könnte. Das sie aus einem spießigen Umfeld kommt (Rustikalitätsphobie) merkt man ihrer etwas sehr gewollten Musik stark an. Wer sich ständig nur damit beschäftigt, nicht spiessig zu sein, der wird schnell zum Langweiler.“ (Zitat Leserkommentar Hubert, Ende)

Nein, die Kritik von Dr. Bieling ist im Kern berechtigt und was niemand angenommen hätte, trifft auf Judith Holofernes zu: Sie kann es sich leisten, in diesen Punkten oberflächlich zu bleiben. Schön ist das nicht.  So schön, wie die bereits „kostenlos“ vorgehörten Passagen des aktuellen, neuen Albums „Bring mich nach Hause“ von Wir sind Helden, wozu wieder laut und vernehmlich „Glückwunsch“ gerufen werden kann.

Sie hat es schon vor längerem erklärt:

Wir sind gekommen, um zu bleiben, wir gehen nicht mehr weg!

Abwarten! Judith Holofernes, soviel steht fest, war schon oft in Zehlendorf! Vielleicht hat sie sich da mal richtig ausgeheult, wie „irgendwo zwischen Ulm und Stuttgart bei der Süddeutschen, als sie über Kreuzberger sagte:

Das ist eine wahnsinnige Szenespießerei, ein Indie-Konservatismus, den ich fürchterlich finde. Wenn eine Galerie aufmacht, dann ist das doch etwas anderes als wenn sie ein Carloft reinstellen, was nun wirklich ein hirnverbranntes Unterfangen ist. (Zitat, wie vor)

Weil Judith Holofernes nämlich eigentlich sonst nicht oberflächlich ist, sondern wohltuend! Am Ende, siehste, drehen sich die Gedanken um diese Frau im eigenen Kopf wieder wie ein Hubschrauber im Kopf! Ist Judith Holofernes „verwirrend schön“?  Die Rotorblätter sind jetzt angeworfen! Aber heute keine Antwort darauf!

3 Gedanken zu „266/10: Presse: Judith Holofernes (Wir sind Helden) ihre Leichtigkeit des Seins , Kreuzberg, Zehlendorf“

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