Sa. Apr 20th, 2024

► Im Proberaum, ♪♫♫ im Proberaum ♪♫♫♪, da hab ich die Musik verhaun #Spontaneinfall – Sie wohnt in „Strandkorb“, Deutschland, sagt ihr youtube-Profil über sie. Bisschen kalt dort momentan. Deswegen zeigt die Aufnahme sie zuhause. Beim Üben. Wie sie es tut, gefällt.

Proberaum, das ist überall, wo ich Musik zur Probe -nichtöffentlich- einübe. Mich an meinen Fingersätzen abmühe. Oder an Schenkelklopfern, Schuhplattlern und sonst welchen Übungen, stundenlanges Präkeln, Probieren und Positionieren. Einmal nur fehlerfrei. Die Equiartistin aus Irgendwo in Deutschland hat ihr Zimmer zum öffentlichen Proberaum umgerüstet.

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Als ich fortging Cover by Equiartistin  (via Youtube) 

Wer RISIKO googelt, bekommt als erstes eine Menge online-Spiele angezeigt, und gleich danach eine Menge Risiko-Lebensversicherungen. Wer LEBEN googelt, bekommt ebenfalls Lebensversicherungen angezeigt. Wer dann auf BILDER (bei Suchbegriff „Leben“) anklickt, bekommt in 0,21 Sekunden knapp 73.000 000 Bilder angezeigt. (Robert Schönherr auf facebook, #Risiko #Leben) – Ja, ist das denn kein Leben, oder? 

Es gibt ein Leben im eigenen musikalischen Giftschrank, Labor meines künftigen, musikalischen Lebens. Rehearsing at the Wohnzimmerdesk oder im Schlafzimmer, ist Wurscht. Dies ist erst die erste Phase des jungen, musikalischen Lebens. In einigen Fällen führt uns das musikalische Üben aber weiter, Operation Teamworks! Wenn eins und eins zusammenführt und schließlich sogar Bandarbeit entsteht. Wer spielt Bass? Schlagzeug? Ups, zu laut, suchen wir einen Proberaum, da üben wir unseren Lebenstraum. Ein.

Und dann hat sie mich, viel später, berührt. Ich hab mir ihr Video angesehen und kam zufällig drauf, Väterchen Zufall, sozusagen.

Die Autorin Su Zahu aus München hatte etwas aufgeschrieben, das mich berührte: Es ging um den Heiratsantrag, heute genau vor 17 Jahren und wie er sich genau ereignete. Erinnerungen die wie in einem zur Verfügung gestellten, ähnlichen Foto von einem Esstisch hochkommen, 10 gute, folgende (Ehe-)Jahre und 5 weniger gute Jahre….alles in allem eine gute Zeit. Sagt Su Zahu.

Der Sinn des Lebens, eine App (Quelle: Su Zahu via twitter)
Der Sinn des Lebens, eine App (Quelle: Su Zahu via twitter)

Als ich das von ihr las, kam mir einer der weltweit schönsten Songs aller Zeiten in den Sinn, ich musste an Dirk Michaelis denken und „Als ich fortging“, wo es u.a. heißt:

Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein.
Ich weiß du willst unendlich sein,
schwach und klein.
Feuer brennt nieder, wenn keiner es nährt.
Kenn ja selber, was dir heut widerfährt.

Ich musste, um den exakten Wortlaut zu erinnern, googlen. Und dann hatte ich Gewissheit, ja so war das. Und so passte es zu den Erinnerungen von Su Zahu aus München.

Ich wünschte mir, eine Videoaufnahme von Dirk Michaelis zu sehen, wo er das selbst aufführt. Ich wollte nicht alte Karussell-Filme sehen, wie den Originalen, auf irgend so einer Wiese am Bahngleis, alle haben Vokuhila-Frisuren und Föhn-, Fön- bzw. 3-Wetter-Taft-Frisuren und „stonewashed“-Jeans, wie das eben damals üblich war, vergnüglich. Mein Vergnügen, so erinnerte ich mich, sollte spontaner sein, frischer. Dirk Michaelis ist doch seit dem auch gewachsen, erwachsener geworden. So wie ich. Das Gute an dieser Gegenwart ist doch, dass wir überkommene Stilgeschmäcker in Klamotten, Frisuren und beim Videodreh längst fortentwickelt hatten…bis auf den roten Minilederrock von Nena erinnere ich kaum bedauernswerte Dinge, die wir früher trugen und die ich heute vermisse. Gottseidank: selbst üppigen Achselhaarbewuchs rasiert man heute.

Das Ergebnis meiner bemühten Recherche ließ mich allerdings augenblicklich in tiefste gedankliche Jugend zurückfallen. Ich fand Gefallen an der Equiartistin und die ganze Art, wie sie dieses Video auf Youtube präsentiert. Ich halte es schlicht und einfach gesagt für großartig.

Es ist noch nicht so geschliffen und präzise gespielt, als das man es als professionell verkaufen könnte. Aber es ist ziemlich am Anfang von etwas Großartigem, es ist verhalten, vorsichtig und etwas spröde. Das Video ist schwarz/weiß, frei von jeder Effekthascherei. Die Equiartistin ist sehr konzentriert, sie ist voll und ganz bei der Sache. Und mit der etwas angelegten Unsicherheit, die jüngere von erwachseneren Menschen unterscheidet und sympathisch macht, gibt sie dem Stück diese tragende, wesentliche Rolle, die ihm zukommt und berührt.

Sie zeigt uns ihr offenes Gesicht, in das wir schauen in einer gesichtslosen Zeit. In der Generation „facebook“ (Gesichtsbuch) lernen wir, in stilisierten Ikonen zu lesen, was uns Menschen durch Übermittlung ihrer Profilbilder zu sagen trachten. Der imperfekte Mensch ist gesichtslos. Weitgehend gesichtslos kommt deswegen „Kopflos“ (head-less) aus in einer weiteren Version des DDR-Klassikers „Als ich fortging“, getragen, verhalten und anonym über Felder und Wiesen ziehend und auf langen, baumbestandenen Ländereien. Irgendwo in Deutschland.

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 head-less – Als Ich Fortging (Karussell/ Dirk Michaelis Cover) (via Youtube) 

head-less: imperfect: [mensch]  CD seit 13.05.11 im Handel

René Hentzschel (vocal, lyrics)
Matthias Marko (keys, programming)
Markus Otto (keys, management)

 

Ich will ein Fisch im  Wasser sein, im flaschengrünen tiefen See, ich will mit Wasser mich besaufen und paar Blasen blubbern lassen…. #Credo von Nina Hagen, sinngemäß (1978) – Von den größten Songs aller Zeiten lassen sich Interpretationen zuhauf erstellen und es wird nie langweilig. Das Modell „Strandkorb“ der Equiartistin nicht, wie auch das Modell „Neue deutsche Kälte“ der kopflosen Formation „head-less“, beispielsweise.

Dirk Michaelis hätte es perfekt vorgetragen. Equiartistin tut es ebenfalls, in all ihrem Anfangen. Perfekt unperfekt. Mit umgekehrten Vorzeichen, neugierig es zu schaffen, sich zu üben und fehlerfrei aufzuführen. Dem Stück steht das in einer perfektionierten, glattgebügelten Welt von Einheitsbrei, Soße und Königsberger Klopsen nicht schlecht. Wenn schon, ist Equiartistin „die Kapern drin“, was sind schon Königsberger Klopse? Aber: mit Kapern! Kapern sind das Highlight! So muss es sich anfühlen, das Leben erst einmal zu versuchen. Kompliment aus Berlin: Die Interpretin hat ihr Publikum erreicht.

(EP)

 

 

 

 
 

 

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