Fr. Mrz 29th, 2024

Ein Schönling war er nie, der bullige, mittlerweile 66-jährige Texaner mit der sanften Stimme. Aber Christopher Cross hatte von Anfang an vielleicht gerade wegen dieser Gegensätze einen Schlag bei den Frauen. Den Beginn markiert das mit einem Grammy ausgezeichnete selbstbetitelte Debütalbum von 1979, der internationale Durchbruch folgte ein Jahr später. Gekrönt wurde dies 1980 durch eine Nr. 2 („Ride Like The Wind“) und einen Spitzenreiter („Sailing“) in den US-Charts.

Und weil Christopher Cross auf die Zuneigung seines vorwiegend weiblichen Publikums zählen kann, dachte ich mir, dass ein Konzertbesuch für Cross‘ Auftritt im Bremer Musicaltheater ein gutes Geburtstagsgeschenk für meine bessere Hälfte sei. Ich sollte mich nicht irren. Zusammen mit unserem erwachsenen Sohn, der uns gerade mit einem Besuch beehrt, fanden wir uns am Abend des 1. Juli in der schönen Bremer Spielstätte ein (die Ende des Jahres abgerissen werden soll, aber das ist eine andere Geschichte).

Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)
Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)

 

Das Publikum besteht aus den Leuten, die Anfang der 1980er Jahre jung gewesen sind. Mit Christopher Cross sind sie gemeinsam alt geworden sind. Twens wie unser Sohn oder gar Jugendliche sind die rühmlichen Ausnahmen. Das Pre-Concert-Tape lässt direkt vor Konzertbeginn „Kayleigh“ über die neue Tonanlage erklingen. Der Conferencier, der anschließend auf die Bühne kommt, heißt das Publikum willkommen und weist gleich auch auf das Konzert von Marillion hin, das in Kürze ebenfalls im Musicaltheater stattfinden wird. Ein paar von Christopher Cross signierte Konzertplakate werden in die ersten Reihen gereicht und dann geht es ohne weitere Umschweife auch los.

Cross‘ Band besteht aus einem Pianisten, einem Schlagzeuger, zwei Backgroundsängerinnen, einem Bassisten und einem Saxophonisten, der aber mit seinem Keyboard auch gleichzeitig für den Klangteppich zuständig ist. Cross selbst befindet sich, einer Miniatur-Festung gleich, umringt von Monitoren, Multiple-Gitarrenhaltern und Mikro in der Bühnenmitte. Das wirkt insgesamt etwas statisch und vermittelt nicht die Intimität, die zu Christopher Cross‘ Musik passen würde.

Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)
Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)

„Haila“, der erste Song, ist weitgehend instrumental. Die einzigen Stimmen, die zu vernehmen sind, kommen von den beiden Backgroundsängerinnen. Diese deuten schon hier an, dass ihre Rolle über die dezent im Hintergrund agierender Schönheiten hinausgeht. Bei einigen Stücken übernehmen sie den Leadgesang, der im Original von Christopher Cross kommt, bei anderen singen sie im Duett mit dem Softrocker. Dass er ein auch ein guter Sologitarrist ist, das zeigt Cross hier und da über die gesamte Konzertlänge verteilt. Es folgen zwei Songs, die zu seinen größten Erfolgen zählen: „Sailing“ und „Never Be The Same“. Ausgelassene Stimmung kommt auf. Die Generation 50+ wiegt sich wohlig im Takt und singt textsicher mit. Bis zur Pause dann eine Songauswahl, die vorwiegend aus späteren Veröffentlichungen zusammengestellt ist. Für Cross-Fans der ersten zwei Alben wenige Aha-Momente des Wiedererkennens. Es säuselt streckenweise auch ein bisschen vor sich hin, so dass wir aufpassen müssen, dass sich unsere Augenlider nicht für eine Weile schließen.

Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)
Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)

Nach der Pause gibt es ein etwa viertelstündiges Akustik-Set. Am auffälligsten darin eine gelungen umarrangierte Version von „I Really Don’t Know Anymore“. Zwischen den Songs macht Christopher Cross einige Ansagen. Er erzählt von den Hintergrundgeschichten der Stücke, von der großen Ehre, mit Burt Bacharach komponiert zu haben oder auch über den Joni Mitchell gewidmeten Song „Roberta“. In der Folge läuft es dann aber auch unaufhaltsam auf den einen Song hinaus, der Christopher Cross‘ Ruhm begründete: „Ride Like The Wind“. Zweifelsohne das Highlight des Abends. Der Saal hat sich endgültig komplett von den Sitzen erhoben und feiert den Moment. Aber man merkt auch, wie dünn Christopher Cross‘ Stimme ist und dass sie kaum (noch) in der Lage ist, diese schmissige Nummer zu stemmen. Bereits bei „Never Be The Same“ drängte sich dieser Eindruck auf. Das Publikum schert sich allerdings nicht darum und bekommt noch eine Zugabe: Eine stimmungsvolle und ungewöhnlich arrangierte Version von John Lennons „Imagine“.

Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)
Foto: Ansgar Bellersen (© 2017)

Dem Bremer Konzert folgen noch vier weitere Deutschland-Termine:

06.07.2017 Ludwigsburg – Scala
07.07.2017 Mühldorf am Inn – Haberkasten Innenhof (Sommerfestival)
08.07.2017 Berlin – Huxley’s Neue Welt
09.07.2017 Dresden – Alter Schlachthof

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.