Franz de Bÿl — The Art Of Solo Guitar Canons Live At New Jazz Festival Moers 1984 Sound: Eckhard Fuß & Eberhard Bingel Music & Lyrics : Franz de Bÿl
Wir schreiben 1984: Es ist das Orwell-Jahr. Aber alles ist schön. Eigentlich gehört ein Osborne dazu, das ist der Schnaps aus Spanien mit dem Stier, der als Pappkartusche mehr oder minder auf jeder Anhöhung in Ufernähe am Mittelmeer herumsteht. Oder ein Campari auf Eis? Castagnetten klappern, irgendwo ist Jim Morrison angestellt: „Spanish Caravan“. – All diese Getränke haben folgenden Fehler: Da ist Alkohol drin.
Seit vielen Jahren ist Franz de Bÿl nun allerdings bekennender Antialkoholiker. Und Ennio Morricone (†) hat bereits Spiel mir das Lied vom Tod komponiert, Charles Bronson in die Sonne gekneistert und für eine Hand voll Dollar hätte selbst Clint Eastwood nicht vom Pferd auf einen Wohnwagen umgesattelt. Wir reiten nach Western, die Sonne brennt.
Das nächste Mal tritt Franz de Bÿl am Mittwoch, den 5. August 2020 um 20 Uhr wieder im Art Stalker in Berlin (Charlottenburg) auf, wenn er mit seinem Bandquartett zu viert nach Lars Vegas reitet, die Sonne putzen. Am Bühnenrand belauschte letztens ein weiblicher Fan folgendes Gruppengespräch: „Wieviel seid Ihr denn?“ „Na, wir drei.“ „Wer Du und wer noch?“ „Naja, wir beide.“ „Ihr spielt zu zweit?“ „Nee, nur Franz.“
So in etwa geht ein Musikerwitz. Allerdings ist das zu berichten. Das Quartett besteht aus vier Männern: Franz de Bÿl (g/voc), Jens Saleh (b), Stephan Hoppe (p, kb, voc, harp) und Tommy T. Tulip (voc, drums, whistleblower).
Henry Steinhau kenne ich seit ca. 1983 (geschätzt) aus journalistischen Texten, die Mensch gern liest. Seine Texte waren Die Wahrheit. So hieß die Zeitung. Wunderbares Labeling, wenn einer Dinge aufzuschreiben beginnt, die sich alsbald einen gewissen Ruf erarbeiteten. Marco Saß lernte ich meiner Erinnerung nach im selben Jahr unabhängig davon kennen, da er Sohn von Manfred Manne Saß ist, jenem Mann mit dem Papagei. Marco hatte damals schon immer eine Kamera am Mann. Steinhau und Marco Saß gehören in die DNA der Kultur-Enklave West-Berlin.
Heute ist an der Potsdamer Str. (96) der Wintergarten der Baufirma Kuthe (Freymuth, Spandau). In Westberliner Zeiten der Jahre 1970 bis 1989 betrieb Manfred Manne Saß mit Frau Christa das Quartier Latin, einen Livemusikclub, der auch Sprungbrett war für Musiker, vor einem größeren, relevanten Publikum aufzutreten. Nationale und internationale Künstler fanden hierher. Einer der emsigsten der amerikanische Bluesmusiker Champion Jack Dupree. Hausherr Manne Saß verstand sich mit Champion Jack Dupree blendend, beide waren Smutjes gewesen, Schiffsköche. Eine Art frühere Rote Gourmet Fraktion? Lecker Zeiten.
Dagegen heute alles anders: Wir befinden uns mitten in einer weltweiten Pandemie, ein paar Clubs werden den Löffel abgegeben haben. Die jetzt noch wieder aufmachen, kommen nicht ohne Blessuren aus tiefroten Zahlen. Wäre der Niedergang nur noch mit Komasaufen für die Gastwirte aufzuhalten? Es wird was hängen geblieben sein, bei den Gastwirten, mindestens blaue Flecke. Zum Beispiel die gestundeten Mietzahlungen, ein Erlass war nicht Teil des Nicht-Spielprogramms. Noch liegt eine Bilanz nicht vor, wir werden sicher bis zum Jahresende genaues wissen. Nachrichten über die an Corona gestorbene Berliner Lokalszene sind bis dato unbewiesen: Fake News. Die große Plapper: Szene-Gerede.
Populismus: Weltweit pandemisch wie Corona, zerzauste britische, wirre Premiers, amerikanische Orange Utahs, die ihre Berater fragen, ob Norwegen ein Teil von Russland ist – und via Twitter immer schön populistisch, flach Zange. Es muss dem Volk gefallen. Wie werden wir diese Geißel je wieder los? „Wir fahren jetzt nach West-Berlin, Wahnsinn.“ (Lilli Berlin) Oder ganz zurück, in die Zeit bevor es begann. Fake News konnten sich damals nicht so schnell verbreiten, es gab viel weniger Parallelwahrheit.
Vorwärts hinein in die Vergangenheit: An die Potse, Potsdamer Str., vom Potsdamer Platz, gedachte Verlängerung Richtung Kleistpark. Quer durch. Paar 100 Meter weiter links wohnte David Bowie über dem Schwulenclub Anderes Ufer. Iggy Pop war oft zu Besuch bei Bowie. Berlin: Großstadt-Dschungel, aber doch klein, funktionierend umzäunt und an der Nürnberger Str. der Club gleichen Namens. Mal sehen, was im Dschungel läuft? (Ideal)
Karrieren wurden im Quartier Latin angezündelt. Udo Lindenberg spielte bereits 1974 hier. Sein Schlagzeuger Bertram Berte Engel trat mit seinem Bruder als Gebrüder Engel auf. Spektakuläre große Erstauftritte lieferte 1978 die aus Musikern der Lokomotive Kreuzberg als Nina Hagen Band der Ausnahmesängerin und Godmother of Punk Nina „Farbfilm“ Hagen ab. Apropos Nena Hagen: 1982 debütierte die Band NENA, unter den Fittichen des Fotografen und gewieften Musikmanagers Günter Jim Rakete (hier). 1983 nahm der Berichterstatter als Mitglied der Jury des Berliner Senatsrockwettbewerbs ROCK NEWS den Ärzten ihren Gassenhauer Anneliese Schmidt ab, die Ärzte blieben Sieger des Wettbewerbs. Der Rest ist Musikgeschichte.
Franz de Bÿl & His Band #Vinÿl – Need Your Love So Bad (Live at Art Stalker, Berlin 13.06.2020)
Franz de Bÿl – Gesang und Gitarre Jens Saleh – Bass Tommy T. Tulip – Schlagzeug und Gesang Stephan Hoppe – Piano, Harp und Gesang
Wenn Fleischer den Blues hat, erfährt man über ihn und sein Leben, wenn man das gleichnamige Buch von Volker Hauptvogel bestellt und liest. Kategorie: Leseempfehlung ***** Sterne deluxe) – Aber: Worum geht es denn im Blues? Um alte Männer, Rum-Verschnitt, Southern Comfort und die Liebe des Lebens, wenn er ihr einen Kühlschrank gekauft hat? Einen Pink Cadillac? Oder die Big Black Maria? Die Frau ist weg, und er beklagt ihr fern sein. Ein bisserl Lobhudeln auf das, was man verloren hat und nie wieder kriegt. Scheiß-Geschlechterkampf.
Und er beklagt sich, ranseiert, zetert: „Ich brauch Deine Liebe wie blöde.“
Apropos alte Männer: Der ALTAMANN war so freundlich, die Kamera auf dieses Event zu halten und gnadenlos mitzufilmen, was wir hier sehen.
Gut geworden. Die Band sagt Danke schön. Franz de Bÿl and his Band #Vinÿl kann man am Mittwoch, den 01.07.2020 um 20 Uhr wieder im Art Stalker Berlin sehen. Geile Meile!