„Fliegenpilz“ 1982, Open-Air Festival „Tanz auf dem Vulkan“ im Landkreis Lüchow-Dannenberg, vor ca. 6000 Atomkraftgegnern: Nachdem der Tag recht stressig verlaufen war, morgens Demo vor dem Zwischenlager Gorleben, massiver Einsatz der Polizeikräfte, übliches „Katz und Maus“-Spiel, Einsatz von Wasserwerfern, abends auf dem Festival-Gelände der Versuch, „Sandkorn im Getriebe“ der Allmachtsfantasien des Staates zu sein. Der Song „Unser Land“ wurde von Olaf Maske im Jahre 1978 geschrieben. Die gehörte Version ist allerdings der Titelsong der gleichnamigen „Fliegenpilz“-LP aus dem Jahre 1983 . (Statements von Olaf Maske, redigiert)
Ein denkwürdiges Ereignis goes 30: „Ich möchte gern die Schrankwand da in schleiflackbraun, bitte gemasert, gibt es die auch weniger zerfasert?“ – Während die notorischen Spießer inzwischen wegen „Gelsenkirchener Barock“ die Einrichtungshäuser Deutschlands leerkauften, spielte die Band FLIEGENPILZ aus Berlin-Charlottenburg, geschäftsansässig Am Bahnhof Westend 2, Songs von einem besseren Leben ohne Potpourrischlager, Pimmelkult und Plüschgardine – im Deutschland Numero Zwo, West. Fest stand: Die Politik war damals „durch den Wind“. „Nackt im Wind“ sang Deutschland daher für Afrika. Und Olaf Maske? – Das kommt später. Der Reihe nach.
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Olaf Maske mit „Fliegenpilz“ – Unser Land – 1982
Die Energieverschwendung, gleich unabhängig voneinander nach verschiedenen Arbeitskonzepten und Heilslehren an zwei besseren Deutschlands zu arbeiten, erwies sich als Quatsch. Damals gerieten die Westdeutschen in erste, offene Widersprüche. Vielleicht war Gorleben sowas wie ein Wegbereiter der deutsch-deutschen Vereinigung? Es war eine nicht zu übersehene Tatsache: Die Deutschen mussten nach Hitler, Himmler und Hunderttausendjahrereich erst einmal wieder erwachsen werden. Frei zu sein bedurfte es ein wenig mehr als nur Wirtschaftswunder, Konsumvergötterung und Karnickelställen für die Kinder. In Gorleben gärte nun zum wiederholten Mal eine regelrechte Brut der Unzufriedenheit. In Leipzig wurden später bevorzugt am Montag Veränderungen herbeigeführt, die schließlich die größtmöglichen Umwälzungen Deutschlands erst ermöglichten.
Inzwischen ist die Republik aus Eins und Zwo zusammengeschlossen, trennende Mauern wurden weggerissen und all jene, die viel früher schon bessere Zeiten beschworen, sind jetzt zu Helden geworden. Erich H. verfehlte sein Ziel: Auf den Mars flogen erst viel später die Amis! Obwohl der Mars doch als der rote Stern am Himmel….na ja, egal!
Ja, diese Republik hat bis 2012 einen äußerst wendigen Paradigmenwechsel vollzogen hingekriecht und auch wenn es uns eher wie Schneckenpost vorkommt. Es hat sich viel getan in diesen Jahren. Dreißig Jahre. Ist „verdamp lang her“. Olaf Maske nennt sich jetzt „Der Vor Dem Wind Wohnt“: Was -nach alledem- eine gewisse Berechtigung hat. Nach alledem ist es erwiesenermaßen besser, vor dem Wind zu wohnen, als durch den Wind zu sein, siehe oben, die Deutschen, die toben! Howgh!
1982 war Deutschland Zwo, Referat Westgebiete, im Dunkeln ergriffen. Pershing II, SS 20, und Gorlebener Salzstöcke „under construction“. Noch hatte niemand die Absicht, Tschernobyl in Stücke zu sprengen und den westdeutschen Spargel, aber auch den türkischen Tee für Jahre ungenießbar, verstrahlt und lebensgefährlich zu finden. Und doch wussten insgeheim alle: Dieses Land würde verkratern. Der Super-Gau war nur noch eine Frage der Zeit. Gurkenrepublik Deutschland.
Die „Bunte Republik Deutschland“, eine Erfindung von Udo Lindenberg, befand sich damals noch in ihren Gründungsstatuten. Im Grunde genommen waren wir Jugendlichen seinerzeit Spießrutenkanuten, gefühlt beim Verbluten. Der Kranich rief über die Felder und wir hielten „Guru Guru“ nicht für einen Existenzialbeweis, sondern für die Interpretation des so genannten Elektrolurchs, der in der Lüsterklemme wohnt und singt: „Täglich fit mit 2 g Shit.“Am Schlagzeug Manisch Neumeier! Freak out.
Ansage beim Herbstsingen Luhme, Brandenburg, laut und vernehmlich: „Olaf? Bitte sofort in die Maske!“ – Im Jahre 30 nach Beginn der Zeitenrechnung 1982 in Gorleben helfen uns Pomade, Pommes und Pils, Haltung zu bewahren und das Abendprogramm an Notwendigem durchzuhalten. Bis nichts mehr geht, dann Abbauen, schlafen gehen. Morgen ist ein neuer Tag. Ohne Atomkraft: Deutschland hat den Ausstieg beschlossen.
Sehr viel später erst stöhnte der zeitweilige Zweitheilige #Platschhalter, an seinem Amtssitz, dem Kreuzberger Yorckschlösschen, angesichts der zunehmenden Verkraterung Deutschlands in den Sumpf- und Feuchtgebieten Deutschlands. Halleluja, preiset den Herrn! Verkraterung droht uns heut kaum noch. Wir alle sind vernünftiger geworden, gradliniger, direkter. Wir haben die Atomzeit einfach weggesungen damals in Gorleben, Lüchow-Dannenberg, anno domini 1982. Wer sonst? Und wo sonst?
- Hey ho: Der vor dem Wind wohnt, trinkt morgens ein Käffchen im Brotgarten
- Krass: #Platschhalter empfiehlt: Werden sie doch einfach #Platschhalter!
- Heimat: Neben #Ort hält sich der #Platschhalter gern auf seiner Homepage auf
(EP)