Skid Row ist eine sehr dunkle Band. Ich habe mit der Pennergasse „Skid Row“ gleichen Namens im Obdachlosenviertel von Los Angeles zu meinem Vorteil nicht viel zu tun. Dort im Hotel Cecil sind die ärgsten Geschichten vom Verschwinden ganzer HotelgästInnen auserzählt. Richard Ramirez checkt hier ein, der Night Stalker. Oder Jack Unterweger, der Wiener Serienmörder. Hier wurde eines Tages Elisa Lam in einem Wassertank auf dem Dach aufgefunden, als sich Gäste nach ihrem Verschwinden über das verfärbt wirkende Trinkwasser mit einem schlechten Geschmack beschwerten. Der Tathergang blieb unaufgeklärt. Nettflicks pardon Netflix weiß mehr. Nur so viel am Rande.
Man muss diesem Artikel folgen wollend gugeln oder sich weiterführend (unten) linken lassen: Ver-.
Dies hier ist (nämlich) kein True Crime-Bloggcast. Eher handelt es sich um ein belangloses Diary of A Mad Man (Ozzy Osborne) eines zutiefst europäischen „Schollis“ (ich). Wie ein mexikanischer Dead Metal-Musiker im Hotel Cecil eincheckt, Videos von seinem Besuch veröffentlicht und nachgerade zum Ziel eines internet-weltweiten Shitstorms von Internetschnüfflern der ermordeten Kanadierin Elisa Lam wird, ist bemerkenswert. Wie fragil sind Selbstdarstellung, (Selbst-)Beweihräucherung und Wahnsinn eines musiksüchtigen Dead Metal-Posers? . Der „Mexico“ muss sich schließlich vom Dead Metal lossagen, Schminke ablegen und Haare kurz schneiden. Die Internetschnüffler haben ihn beschuldigt, beleidigt und virtuell angeklagt, „Du hast sie ermordet?“. „Ich war dreizehn Monate vor der Ermordung da.“ So hat jeder Shitstorm seinen heißen Shice. – Vielleicht war es gar keine Ermordung.
Als der Metalmusiker zehn Jahre nach dem Verschwinden der Hotelgästin für Netflix befragt wird, merken wir, welche gavierenden Entwicklungsschnitte das Leben in die Erinnerungen ins Lebenbeben reißt. Wir lernen uns zu hinterfragen. Sich an die Achtziger erinnern zu können, heißt nicht dabei gewesen zu sein, geht eine Redensart. Den Eindruck hat man aber auch, was 2013 angeht, das Jahr von Elisa Lam. Noch.
In dem Nest Manitowoc in Wisconsin wird Steven Avery ins Gefängnis weggesperrt, bis mit neuen Beweisen (DNA) bewiesen werden kann: Er hat eine Frau nicht vergewaltigt und ermordet. Es war ein Anderer. Als der Mann Haftentschädigung für 18 Jahre unschuldiges Sitzen einklagt, wird er erneut mit hieb- und stichfesten Beweisen wegen des Verschwindens einer 25-jährigen Frau eingebuchtet. In Verruf gerät ein ganzer Polizeidisktrikt, der dem Verdächtigten schon immer an die Wäsche wollte. Man spricht davon, die Polizei habe Tatortumstände hinzugefügt, DNA des Beschuldigten platziert und systematisch dafür gesorgt, dass der Beschuldigte nie wieder frei kommt. Beide Fälle, Elisa Lam (Los Angeles) und Making A Murderer sind beklemmende Schilderungen der amerikanischen Justizwirklichkeit. Nur verallgemeinern allein hilft einem auch nicht weiter.
Knowledge Material #Erinnerungen
Kommen wir vor dem Hintergrund dieser Geschehnisse nun zur Gegenwart: Das Praktische an der Benutzung von sozialen Netzwerken ist, man wird praktisch nicht mehr älter. Man lässt Algorithmus gewähren (wo Rhythmus immer mit muss) und verteilt einfach Beiträge früherer Jahre nochmal neu. Der Gewiefte entfernt allerdings erst einmal den Erinnerungsrahmen, um Aktualität vorzutäuschen.
So wird die 2012er Grillparty auf der Terrasse nochmal ganz neu zelebriert. Die stinkend Faulen lassen den Erinnerungsrahmen einfach dran und reposten den hochgespülten Quark nochmal. So kann jeder sehen: Kinners, wie die Zeit vergeht.
#DiaryOfAMadman #TTT #HIStory
In jedem Fall handelt es sich anders als in den oberen Absätzen hier nur um Trivia. Wir können also alles komplett überlesen.
Weiterführend
- Der Fall Elisa Lam (Cecil Hotel LA)
- Verflixt, zugenäht: Netflix Doku Elisa Lam (LA)
- Was ist eigentlich eine Skid Row?
- Verflixt, zugenäht: Netflix Making A Murderer
- Verflixt, zugenäht: Wer ist Richard Ramirez?