Berliner sind überheblich: Sie bezeichnen alles, was außerhalb Berlins aufhältig ist, entweder als Berliner Speckgürtel. Z.B. New York oder Los Angeles. Oder Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz. Notizen aus der Provinz greift das auf, auf dieselbe arrogante und überhebliche Weise, aber mit Herz. Denn in Wirklichkeit ist das nicht mehr als ein „running gag“. Notizen aus der Provinz war im übrigen eine Fernsehsendung unter der Ägide des proppersten aller deutschen Satiriker, Dieter Hildebrandt, und insofern ist es eine Remineszenz an „uns Dieter“. Wohlgemerkt: Das Prinzip „Bohlen“ bleibt uns insofern gestohlen!
Er sagt: Ich wohne mitten in Rheinland-Pfalz, mitten im Nirgendwo, Anzahl der Musikclubs 0, davon 3 geschlossen.
Dementsprechend sieht es auch mit der Musikersuche aus. Seit 10 Jahren suche ich nun schon Musiker die Lust auf eigene Musik haben, motiviert genug sind da Zeit rein zu stecken und dazu auch noch spielen können ! Es haben sich immer mal wieder Leute gefunden, aber jedes mal wurde eine der Kriterien nicht erfüllt.
Ja, wir erinnern uns als Berliner an diese Zustandsbeschreibung und denken, das könnte durchaus ähnlich gestrickt sein in Berlin. Zunehmend in den letzten Jahren. Leute, die bei der Stange bleiben möchten, die an eine gemeinsame große Zeit, angefüllt mit überirdischer, eigener Musik, das wäre doch reizvoll.
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Christopher Wüst – Du wirst schon sehen (via youtube)
Entgegen landläufiger Meinung scheint es auch außerhalb der großen Städte so zu sein, dass es schwierig ist, gute Bands zu gründen, die eigenen Spirit haben und eigenes Zeugs produzieren. Als Stadtmensch denkt man doch immer, ja wenn sich „auf dem Land“ Leute gefunden haben, die sind dann wie Pech und Schwefel, halten zusammen, ich selbst kenne mehrere solche Bands von Musikern, die früher mit mir in Berlin zusammen Musik machten und irgendwann wieder zurück „to the roots“ zogen. Da leben sie nun wieder, und das Erstaunliche: sie machen ernsthaft Musik, haben gute Mitmusiker und viel weniger mit „täglichen Zerstreuungen der Großstadt“ zu kämpfen. Kein Wunder, dass sie sich aufs Wesentliche zu konzentrieren in der Lage sind. (Anmerkung des Autors)
Hier sieht die Situation so aus, bemerkt Christopfer weiter: Da die einzigen Gigmöglichkeiten Vereinsfeste, Dorffeste oder Straßenfeste sind, gibt es hier ausschließlich Coverbands die auch noch alle ! das gleiche Programm spielen. Entweder gibt es die Männer-Hardrock Band die alles von ACDC bis Van Halen abdeckt, die Funk-„Soul“-Disco Truppe mit den obligatorischen 3 Frontfrauen ……oder die Mundart-Akustikcombo, die über „Lewwerworscht und Pälzer Woi“ (* überprüft, siehe oben!) singt.
Somit komme ich zu dem Schluss, dass wohl der einzige Platz eine ordentliche Band zu gründen eine Großstadt ist ! Ist das so oder bilde ich mir das nur ein ? Fragt sich Christopher.
Nur weil du gern mit Lego spielst, hast du noch lange nichts gebaut. #Lyrics Christopher Wüst „Du wirst schon sehen“
Und in der Berliner Szene?
Wie siehts bei uns mit Auftrittsmöglichkeiten aus? Ist die Großstadt ein Segen oder ist das Angebot so groß, dass man doch wieder nichts bekommt? Eine schwierige Frage, die wir nicht in zwei, drei Sätzen beantworten könnten, finde ich.
Wie überall woanders auch gibt es in Berlin „musikalische Spießer“! Ein Musikinstrument in die Hand zu nehmen, bedeutet ja noch nicht, Musik zu produzieren, die eine Bereicherung der Welt- und Kulturszene, ganz egal wo, bedeutete. Es gibt viele, viele Coverbands in Berlin, die haben im Zweifel in der Stadt weniger zu tun, als vergleichsweise agierende Bands im ländlichen Raum. Die Fest- und Bierzeltszene anderswo, das ist doch ein Grund zum Feiern und oft auch und gerade für die Musiker, denen wenigstens halbwegs vernünftige Gagen bezahlt werden. Für die, die davon leben müssen.
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Christopher Wüst – Raum und Zeit (via youtube)
Was sind schon gut und schlecht, wer legt sie denn fest? Willst du nicht sündigen, um hier zu sein? Was sind schon hoch und tief, wir sind mittendrin, willst du nicht mit mir schweben, unbeschwert? Christopher Wüst – #lyrics, Raum und Zeit
Ansonsten ist Berlin eine große Hobby-Spielwiese. Wie in allen anderen künstlerischen Bereichen auch, leben die Musiker von der Lust und der Liebe, aber nicht vom Ertrag dessen, was sie schaffen. Nur dass sie vielleicht eingebildet professioneller tun. Wer sich gut vermarktet, bekommt vielleicht ein „Aha“, wird beachtet. Davon leben kann er deswegen noch lange nicht.
Es wird sicher leichter sein, in der Großstadt Anzeigen zu schalten und die Auswahl an Musikern ist demzufolge größer. Ob die Musiker für sich gesehen besser sind, als auf dem Land?Wohl kaum. Großstädte beherbergen mit Sicherheit mehr „verlorenene Seelen“, ausgeflippte, spinnerte sich „als Musiker fühlende“ Selbstverwirklicher, deren Trachten nach Weltkarriere, Selbstverwirklichung und Heldentum riesig ist. Wenn auch teils zu Unrecht, wie man hie und da meinen möchte….
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Christopher Wuest – see through the haze (via youtube)
Eins muss man sagen: Christopher Wüst hat eine große Brandbeite, äh, Bandbreite in seinen Songs, ohne Zweifel. Applaus, sagt Kermit, der Redaktionsfrosch: er tut es „ternär orientiert und leicht triolisch“, nur dass du eine Vorstellung von der musikalischen Implikation dessen hast!
Man gelangt sehr schnell zu der Einsicht, dass eine derartige Frage von hier aus gar nicht in der Kürze der Zeit beantwortet werden kann, zumindest nicht vollständig. Aber es mag sein, dass das Betrachten dieser Website bei passender Gelegenheit immer wieder neue Gesichtspunkte des Lebens und Musizierens in Berlin & Umgebung aufzeigt, die zusammengenommen weitere Erkenntnisse diesbezüglich zeitigen.
- myspace-Profil: Christopher Wüst