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Silly - Alles rot (CD, 2010)
Silly - Alles rot (CD, 2010)

Bloß gut Ihr geht in die nächste Runde. Schön dass sich Qualität doch durchsetzt! (Besucher Dirk, 21.01.2010, Gästebuch Silly hier)

Die Band Silly gibt es seit 1978 und es gab viele schöne, bunte Tage, große Erfolge und internationale Beachtung. Daneben hatte die DDR-Band gute Westkontakte, beispielsweise zu dem berühmten Fotografen und Musikmanager Jim Rakete, der das Frontcover der 1986 erschienen Platte „Batallion d´Amour“ schwarz-weiß illustrierte mit einer im Stil Raketes gefertigten Schwarz-Weiß-Fotografie. Schwarz und weiß als Grundprinzip, nun minimal durchbrochen von „einem Hauch von Rot“, seht selbst.

 

Silly - Plattencover Bataillon d´Amour (1986)

Der Hauch von rot, der das Gesicht der DDR-Ikone Tamara Danz optisch zweiteilt, lässt sich in vielerlei Hinsicht deuten und mystifizieren. Jedenfalls ist uns in Erinnerung, dass mit diesem Album die Band Silly auch im Westen erst richtig bewusst wahrgenommen wurde. Bekanntlich sind Wessis doof und brauchen immer ein Weilchen. Nun war es so weit.

Tamara Danz - Todesanzeige
Tamara Danz - Todesanzeige

Und doch hat die Farbe schwarz in der weiteren Geschichte von Silly überhandgenommen. Zu den schwärzesten, inzwischen gesamtdeutschen Augenblicken gehörte 1996 der Tod der begnadeten Sängerin Tamara Danz im Alter von 43 Jahren an den Folgen von Brustkrebs. Aber auch sonst hat das Sterbebarometer sich am Personenkarussell der Silly-Mitglieder immer wieder bedient. 2005 starb der Schlagzeuger Herbert Jungk, ebenfalls an Krebs. 2007 verstarb Bassist und Gründungsmitglied Matthias Schramm. So viel zur Farbe schwarz als Prinzip.

Silly 2010 (Quelle: Homepage Silly)
Silly 2010 (Quelle: Homepage Silly)

1986 noch dieses zärtelnde, rare Rot im Gesicht von Tamara Danz (oben), weicht nun das überwiegende Schwarz fast völlig. Und (endlich) gelingt es der Band Silly eine nur als  Trend- und Zeitenwende zu bezeichnende Gesamtüberwindung alles Schwarzen und einiger, leerer  Momente. Dass der Band das gelingt, liegt an vielem, dass man unmöglich vollständig aufzuzählen in der Lage ist. Auszugsweise vielleicht dies, Irrtum nicht aus eingeschlossen.

  • Die Schauspielerin Anna Loos ist eine mehr als würdige Person, die uns -wenn wir die Augen schließen- immer wieder an Tamara Danz erinnert, allerdings ohne Tamara Danz zu kopieren. Anna Loos hat ihre ganz, ganz eigenen Seiten Saiten, und ihre Auftritte, ob als Schauspielerin oder als Sängerin, strahlen etwas aus, das man bei anderen oft vergeblich sucht: Charisma, wahre Größe. Anna Loos ist einfach niemals lächerlich. Sie hat eine ganz eigene Klasse und ersetzt Tamara Danz und führt das unvergessene Werk fort und -vor allem- weiter.
  • An der Gitarre ist einer der brillantesten deutschen Gitarristen weltweit 🙂 – Uwe Hassbecker. Abgesehen davon, dass niemand schönere, blonde, lange Haare hat, kann der Mann auch begnadet Gitarre spielen, er kann sie zelebrieren, ist auch von vielen anderen Künstlern sehr gefragt, so u.a. Joachim Witt. Damit übrigens unterscheidet er sich von den meisten Blondinnen, die uns bekannt geworden sind. Ist am Ende Uwe Hassbecker der „goldene Reiter“ auf sechs Saiten? Spaß beiseite.
  • Nichts anderes gilt für „den Bassisten der untergegangenen DDR“, Jäcky Resznizcek. Niemand konnte bereits in den 80igern so begnadet Fretless Bass spielen, wie Jäcky.
  • Richie Barton am Keyboard ist ein Mann, der für vieles bei Silly federführend die Verantwortung trug und immer noch trägt. So stammt der Hit Bataillon d´Amour aus seiner Feder.

Silly, das ist ein Anglizismus, befanden einstmals die Kulturfunktionäre der ebenfalls verstorbenen DDR, und daher nannte sich die Band zunächst Familie Silly. Silly, das kann aber auch ein Lebensprinzip sein, oder? Wir merken schon: in diesem Artikel geht es zu viel ums Sterben. Denn andererseits lebt nun gerade jetzt nichts mehr als die totgesagten Silly, die auf wundersame Weise einen Kick bekamen, oder war es eine göttliche Fügung. Vielleicht eine namens Anna? Anna, Anna, oh Anna…hatte Stefan Remmler dies vorausgesehen?

* * *


Silly – Alles rot (Trailer) – via myvideo.de

Mit der neuen CD „Alles rot“ veröffentlichte Silly nun eine Platte, die ihre Rückkehr ganz nach oben bedeuten könnte. Inzwischen verstärkt sich die Medienpräsenz der Band spürbar und man kommt eigentlich an Silly in der aktuellen Formation (Anna Loos, Richie Barton, Uwe Hassbecker, Hans-Jürgen Reznicek) kaum noch vorbei.  Heutzutage kann man mit deutschsprachiger, gutgemachter Pop- und Rockmusik fein Geld verdienen, da hat sich wirklich was verändert, und vielleicht verdanken wir das am Ende eher Udo Lindenberg als dem Kulturbüro der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands? Dieser Frage nachzugehen, erübrigt sich inzwischen. Sicherlich darf man Rosenstolz nicht mit Silly vergleichen, gleichwohl sind Ähnlichkeiten kaum zu überhören. Die omnipräsente Anna R. von Rosenstolz hat viele Ohrwürmer gesungen, und vermutlich wird Anna Loos am Ende ihres Lebens in wenigstens dreißig bis vierzig Jahren auf eine ähnliche Palette bedeutender Werke zurückblicken, die unter ihrer Sängerschaft entstanden.  Vielleicht sind ihre Texte am Ende noch ein bisschen bedeutender? Widerspruch im Rosenstolz-Fanlager. Sind am Ende alle bedeutenden Sängerinnen Deutschlands namens Anna? Ich meine, inzwischen.

Für Tamara Danz, die auch eine bedeutende war, singt Anna Loos folgende Worte in dem Song „Sonnenblumen“

Wenn ich Sonnenblumen seh, muss ich an dich denken. Und an Sterne, wie sie uns ihre Wärme schenken. Wenn ich Sonnenblumen seh, alle Sommer wieder, spielt mir mein verschossenes Herz Filme vor und Lieder, wo du auch sein magst, ich hab dich hier, Blume der Sonne, über mir ….

Das Album ist gut produziert, soundtechnisch angemessen, nicht überladen, sondern sachgerecht produziert. Ganz schön viel Erfahrung schwingt da mit, wenn man sich die 14 Stücke der CD „Alles rot“ durchhört. Obendrauf hat Silly eine DVD gepackt, die eine Dokumentation beinhaltet. Die Texte der CD sind alle von Werner Karma geschrieben. Auf seiner Homepage meldet der Texter

Ich möchte an dieser Stelle zweimal danke sagen: Zum einen für das viele Lob, das mir per Mail und in Sillys Gästebuch für meine Alles-Rot-Texte zugesprochen wurde; zum andern dafür, daß ihr alle uns von 0 auf 3 in die Top 10 der deutschen Albumcharts gehievt habt.

Tja, da lässt sich kaum was hinzufügen. Die Kritik an dem von uns heute durchgehörten Album „Alles rot“ von Silly lässt sich wie folgt sinnvoll zusammenfassen:

Kauft das Werk, raubkopiert es nicht, unterstützt diese wichtigen deutschen Musiker damit, dass sie ihre Ziele konsequent weiterverfolgen können. Man kann diese Musik heutzutage gar nicht besser unterstützen, als mit einem vollkommen legalen Kauf. Das Durchhören der CD weckt viele Erinnerungen an die grandiose Zeit von Silly und man hat den Eindruck, dass das Beste dieser Band vielleicht noch bevorstehen könnte?


Silly singt „Alles rot“ unplugged bei 3 nach 9 – via Youtube

Weiterführend

8 Gedanken zu „118/10: CD Review: Silly veröffentlichte „Alles rot“ – Gratwanderung schwarz zu rot! Anna! Oh Anna!“

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