Nach drüben-Oststars wechseln die Seiten
Flucht und Ausreise spiegelten die politischen Verhältnisse der DDR. Eine besondere Signalwirkung besaß der Weggang prominenter Künstler, denn sie waren Identifikationsfiguren. Ihr Seitenwechsel fand im Westen ein starkes mediales Echo und avancierte zum Politikum.
Ein Film von Michael Rauhut und Tom Franke – Gesehen bei Dietrich Kessler (früher Magdeburg, Klosterbrüder) „Ich wollte auch mal Paris sehen. Und dann kann man sagen, in Masuren ist es auch nicht schlecht.“
Auch die Flucht des ostdeutschen Ausnahmegitarristen Eberhard Klunker (Leadgitarrist bei der Modern Soul Band, der Klaus Lenz Big Band und der Hansi Biebl Band) über die Ostsee schrieb DDR-Geschichte. Allerdings waren die Umstände seiner Flucht seinerzeit definitiv nicht in der interessierten Ostpresse nachzulesen. „Im September 1975 flüchtete er gemeinsam mit seinem Freund und Musikerkollegen Olaf Wegener auf spektakuläre Weise aus der DDR. Bei Einbruch der Dunkelheit ruderten sie mit einem Schlauchboot über die Ostsee. Die Fahrt dauerte 16 Stunden und brachte sie wohlbehalten an die Küste Schleswig-Holsteins.“ Veronika Fischer schrieb mir für ein Buch ein Vorwort über Sinn und Unsinn von Nachschlagewerken zum Thema MusikerInnen (West- und Ostberlin). Dabei war 1983 das Erscheinen eines kompletten Ostteils in dem Lexikon die absolute Ausnahme, die das Nachschlagewerk erheblich fetter machte.
Gelungene Zusammenfassung der damals deutsch-deutschen Befindlichkeiten. Ich lernte Dietrich Kessler ca. 1985/6 (geschätzt) persönlich kennen, als er frisch in Westberlin eingereist musikalischen Aktivitäten vorstellte. Ein Macher. Ich arbeitete das Berliner Szenelexikon ROCK CITY BERLIN (Verlag Frieling & Partner) aus, dessen Erscheinen später eingestellt wurde, lange bevor es Internet gab und derartige Nachschlagewerke durch öffentlich abrufbare Datenbanken ersetzt wurden. „Sag mal Deinen Klosterbrüdern, wenn sie weiterhin im Geschäft bleiben wollen, müssen sie sich von ihrem christlich anmutenden Namen verabschieden.“, schildert Dietrich Kessler die Begehrlichkeiten von Kulturbetriebbeschäftigten der Täterä (Manfred Krug für „DDR“ im Volksmund), wie es 1975 zur Namensänderung auf den Bandnamen Magdeburg gekommen war. Mangels eingehender Zeitkorridore für Namenssuchen. Magdeburg, kurz, einfach, prägnant. „Das Wasser fließt nicht von selbst bergauf.“ (Reiner Schöne, Arbeiter- und Bauernschauspieler wider Willen).
Die Liste bester Bandnamen: Grüße gehen raus ans Komitee für Unterhaltungskunst. Keine Band.
Dennoch hat es sich zwischenzeitlich wie viele Bands einfach aufgelöst. War es gar nicht so einfach?
Fragen bleiben unbeantwortet. Die Zeit der Persona-non-grata-Listen beim Staatsrundfunk ist (weitgehend) vorbei.
Ich habe nicht aufgepasst: Oktoberklub ist passé, der November fast verstrichen. Wenn überhaupt gibt es 2023 einen Klub Weinnachten ausrufen. Leudde? Zeiten waren’s.
Weiterführend
- Wer ist Olaf Leitner?
Weinnachten 23: Lieber Rotwein als tot sein.