Mo. Dez 2nd, 2024
Der soziale Netzzwerg (Ani/gif)
Der soziale Netzzwerg (Ani/gif)

Im Sozialen Netzwerk gang und gäbe: Jemand zeigt ein Video von einem sechsjährigen Jungen aus Portugal, der an der Akustikgitarre zupfend das Stück Hotel California von den Eagles aufführt. Und wie er es tut: Man möchte meinen, das Kind sei nicht von dieser Welt. – Nun wendet ein Gruppenmitglied der Spezialistengruppe Musikerwitze gegen diese Darbietung ein, das sei nicht kindgerecht. Ich greife als Administrator der Gruppe ein und versuche, meine Beobachtungen genauer zu erklären. Ich nenne den Beitrag des sechsjährigen Gitarrista einen #Aberwitz. Aus Erfahrung weiß ich, wie sehr uns solche Videos anmachen, also angreifen. Interessant ist aber, was immer wieder aus ihnen gemacht wird. Hier sind wir bei einem Punkt Usererfahrungen angekommen.

Ich möchte meine Erfahrung als #Admin dazu nochmal zum Besten geben.

Für mich gehört dieser Beitrag in eine funktionierende Kategorie #Aberwitz und ist daher nicht #offtopic.

Übergriffig an der Kritik zu solchen Videos ist für mich persönlich, wenn Menschen zu Videobeiträgen wie diesen, sich Theorien zurecht legen, die sich aus dem Beitrag nicht zwangsläufig ergeben, die also nicht erzählt bzw. detailgenau berichtet werden. Dann handelt es sich um wertkonservative Vorurteile des Betrachters, der seine Erinnerungen an früher undifferenziert auf das Gesehene anwendet.

Klassisch also die Vorstellung vom Klavierunterricht der sechsjährigen Tochter, die bis die Finger bluten üben muss, weil die Eltern an ihren Kindern Übersprunghandlungen begehen. Das kann alles sein, ist aber in dem Video nicht zu sehen. Hier sehen wir nur ein Kind mit äußerst bemerkenswerten Fähigkeiten. Wir sehen nicht, wie das Kind dorthin gelangt ist. Wenn wir uns mit den Lebensläufen bedeutender Musiker von Weltrang eingehender beschäftigen, erfahren wir im Grunde genommen ausnahmslos Geschichten von vier bis sechs Jährigen, die sich frenetisch und mit Verve an die Weltspitze gespielt haben.

Hiergegen verblasst nun das Talent der Anderen, die diese Gabe nicht besitzen und hemdsärmelig über diese „Wunderkinder“ urteilen, ohne dass ihnen eine derartige Geschichte von dem Beitrag selbst überhaupt angeboten wird. Dabei ist diese Einrede und Beschwerde häufig sehr genormt und durchschnittlich. Sie ist in etwa so absehbar, wie die Einrede, jemand sei ein Nazi oder ein Schlagerfan, weil der Inhalt eines Beitrages dieses zwangsläufig assoziiere.


Billie Eilish – bad guy

Was ist das nur für ein bullshit, dieses Denken von einem gequälten Kind. Hast du dir schon jemals wirklich tiefgehend Gedanken gemacht, wann Al di Meola und Paco de Lucia angefangen haben, Gitarre zu spielen? Ein Steve Gadd an den Drums erste Rudiments übte? Bzw. ein Vinnie Colaiuta? Wer nicht mit diesen nur beispielhaft genannten Musikern einmal ausführlich über ihre Kindheit gesprochen hat, der schweige nun für immer. Bzw. so lange, bis das erledigt ist.

Alles was assoziiert wird, ist eben auch ein Stück weit Einbildung und gespeist aus eigenen Erfahrungen, aus den eigenen gut oder ganz schlecht ausgebildeten Fähigkeiten, Sachverhalte umfassend zu beurteilen oder aber nur holzschnittartig. – Unfair ist nach meiner Erfahrung aber vor allem der Versuch derjenigen, die Zulässigkeit von Beiträgen dafür zu beanstanden, dass sie etwas Verwerfliches zeigen. Das ist hier oben ausdrücklich nicht der Fall.

Der Junge spielt weit über Durchschnitt hinaus gut und gekonnt Gitarre und greift dafür auf ein Stück Weltgitarrengeschichte zurück, und wir können in der Umsetzung eindeutig ein „überdurchschnittlich gelungen“ leicht sehen. Es gehört zu unserer eigenen Tragik, wenn wir das nicht neidlos anerkennen können.

Pink Floyd hat über Syd Barrett und sein bemerkenswertes Wesen getextet: Shine on You crazy Diamond. Das war ein Aphorismus der Sehnsucht nach ihrem großartigsten, aber leider vollkommen durchgeknallten Ex-Mitglied. Aber wir könnten doch ohne weiteres beschließen, derartigen Beiträgen viel Anerkennung und Zuspruch zuzuwenden, wenn wir selbst seit unserer frühen Kindheit gelernt hätten, etwas Großartiges neidlos anzuerkennen. Es verböte sich jeder Versuch, derartiges klein zu reden.

Der Versuch, dem Kind eine schlechte Kindheit an den Bart zu hexen, ist falsch, da wir dieses unmöglich wissen können.

Talentierte Kinder dürfen so viel sie wollen spielen, üben, Fortschritte machen. Haben sie genügend Talent, werden sie ihren Weg gehen, auch indem sie Andere, die diese Gaben nicht besitzen, instrumentaltechnisch weit hinter sich lassen.

Ein schönes Beispiel für Talent ohne Ende ist bspw. Billie Eilish. Einfach mal mit beschäftigen. Dave Grohl hat sie schon beurteilt als Reinkarnation von Nirvana, nur auf einem ganz anderen Feld. Musik machen, das ist auch ein Segen für das persönliche Fortkommen. Muss nicht. Ist aber häufig so. – Jetzt halte ich mal die Fresse, aber die Kategorie „Aberwitz“ habe ich, hoffe ich, einigermaßen gut erklärt.

 

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.