„Der Kunde ist König. Das ist die Monarchie des Proletariats. Der Mob bestimmt die Charts.“ (Dirk Zöllner, CD „Uferlos“, Song: „Monarchie des Proletariats“)
Es ist ein dünnes Eis, auf das sich der Kritiker begibt, wenn er anfängt wie ein Hahn zu krähen. Worum es geht, ist folgendes: Die Musik ist käuflich geworden. Bzw. verkäuflich. Bzw. wertlos. Früher war alles viel besser.
Es hatte so Mitte der Fünfziger angefangen und nannte sich Rock´n Roll. Elvis, Bill Haley, Little Richard und Eddie Constantine. Undsoweiter. Diese ganzen Rock´n Roll-Affen. Dann die Verproletarisierung dessen. Beat, Mersey, Liverpool, Dinge, wie weiter entwickelt waren aus etwas anderem, z.B. dem Skiffle. Die Beatles, etwas danach die Rolling Stones. Mitte der Sechziger dann der Trend zum Hippopotamus. Hip sein, frei sein, high sein. Irgendwo, vermutlich in San Francisco, lauter langhaarige Luden, make love, not war. Linda Eastman fotografiert Jimi Hendrix, Frank Zappa und diese ganzen Konzerte im Fillmore East, wofür sie -unter anderem- berühmt wird. Ihr späterer Ehemann McCartney treibt sich da auch schon herum, gemeinsam mit George Harrison.
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Lenny Mac Dowell – Locomotive Breath 1979(via Youtube)
Das Video zeigt uns ziemlich perfekt, was passiert, wenn alle schönen und illustren Lebensbereiche durchkommerzialisiert werden. Aus einem Song wird ein Hupfdohlenoriginal, mit „Chicken Wings“, silbern palettierten Hühnern, die sexuelle Wollust in Käfigtanzmanier vortanzen, während langhaarige, früher zottelige, aber nun Miniplay-durchgestylte Vorzeigerocker wie Horrormuppets um Instrumente rumhopsen, die sie nicht spielen. Damit die Zottelköppe nicht allzu fernsehuntauglich aussehen, wurden sie in weiße Overalls geschickt, so als wäre alles nur ein Alptraum der pharmazeutischen Industrie. Beachtet den Schlagzeuger und sein Halstuch. Seveso ist überall! Grausam, ganz grausam.
Die Geschichte wird erst noch geschrieben, zuvor probieren die Beatles Indien aus und wenden sich enttäuscht ab: Maharishi, what have you done? You made a fool of every one…..dichten sie und schreiben den Text später unverfänglicher um: Sexie Sadie….anstatt Maharishi.
Die Tütensuppe ist bereits seit längerem erfunden. Wie Brokat löst sich Instant auf, in Wasser.
Hiergegen, gegen die Diktatur des Proletariats, des Pöbels, wendet sich die intelligente Nomenklatur der neuen Zeit, hippieeske Wanderungsbewegungen, Festivalsommer mit Hunderttausenden, nackten, jungen und schönen Menschen, alle klug und mindestens mit Abiturempfehlung.
Musik wird immer intelligenter, ausgeklügelter, bombastischer. Pink Floyd, Yes, Genesis. On the other side of earth, oder -kurz gesagt- außerirdisch. Ein Stück außerirdischer.
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Saxafellas Sax Quartet plays Sir Duke by Stevie Wonder at a Tri-M Music Honor Society Recital. (Griffin Graves – Baritone Sax Nick Novotny – Alto Sax Tyler Strom – Alto Sax Sam Decker Tenor Sax)
Ja, genau, so müsste Musik wieder sein. Ein Experiment, eine Art Zitterpartie des Außergewöhnlichen. Aufregung. Und nicht glattgebügelter Mist aus einer softwarealgorhythmisch gesteuerten Keksdose mit Randomcharakter.
Schon immer gab es diesen Rechtsdrall ins Lächerliche, das Abrutschen ins Kommerzielle. So wie es dann den Glamrock gab, The Sweet, The Slade, Bay City Rollers. Wir mussten damit leben, es ertragen, aber es erleichterte uns den Einstieg in eine ungefähre Vorstellung davon, was es hieße, ernsthaft gespielte Musik zu konsumieren. Überhaupt verband sich immer viel damit. Musik war Wasserträger unserer Hoffnungen, Gedanken und Wünsche, unserer Visionen von einer besseren Gesellschaft.
Doch weit gefehlt.
Musik ist nichts anderes als ein Geschäft, und ein verlottertes dazumal.
Die Idealisten machen vielleicht gute Musik. Interessieren tut das niemanden.
Die Perfektionisten stylen Musik durch. In den Achtzigern entstand eine neue, verrottete Riege der außergewöhnlichen Gentlemen. Z.B. Stock, Aitken, Watermann. „Never gonna give you up“, gesungen von Rick Astley. Ein Herr, der später in Tötensen wohnen sollte, brachte die Musik auf ein geradezu schwindelerregend durchschnittliches Level des Gewöhnlichen. Musik war nun abgeschmackt, abgehalftert, banal, chartgängig und dem Geschmack der breiten, blond(gefärbten) Masse zuträglich. Nur kein Risiko.
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Café Größenwahn: Die Zöllner mit «Lalala» (via Youtube)
Ich singe „lalala“ und schon ist der Dieter da. Ich bin der neue Superstar, mach die fette Quote klar. Hier wird nicht gespart, die Elite wird rangekarrt. Heidi Klum und Mario Barth, alle singen „drei, vier“….. (Dirk Zöllner, CD „Uferlos“, Song: „Lalala“)
Jetzt sind die Menschen technisch viel unabhängiger geworden. Sie sind inzwischen in der Lage, verlustfrei zu kopieren und auch wenn alle auf die schönste aller Piratinnen dreinhacken, gilt doch die einfache Formel: Musik ist kopierbar und kann damit nicht geklaut werden. Denn ♪♫ dada wo sie ♪♫ warwar, ist sie immer noch, in grau-perlmuttfarbenem Kleid.
Im Grunde genommen ist sowieso alles zwecklos. Möglicherweise aber hilft ja dieser Aphorismus etwas weiter, kommt, wir setzen die Segel! Damit großartige Musik nicht untergeht! Einmal klicken, in See stechen und los geht´s!