Sa. Dez 14th, 2024
Schild vom Kammermusiksaal - Philharmonie
Schild vom Kammermusiksaal - Philharmonie

Das Foto vom Goldschild wurde am 19.02.10 aufgenommen. An diesem Tag präsentierte Twana Rhodes ihre neue CD im Kammermusiksaal, der als Auftrittsort in Berlin relevant ist.


Oda A Borges – Uña Ramos (via Youtube)

Der Kammermusiksaal ist die kleinere Schwester der inzwischen volljährigen Philharmonie. Beide Baukörper stehen nebeneinander. Während die Berliner Philharmonie rund 2.440 Sitzplätze bietet und 1963 eröffnet wurde, bietet der etwas kleinere Kammermusiksaal (bezugsfertig: 1987) 1.180 Sitzplätze. Das allerdings ist schon eine Größenordnung, für die der gewöhnliche Berliner „Hintertupfinger Kellerkünstler“ als Hobbymusiker etwas ackern muss, um derart große Spielstätten voll zu kriegen. Nein, in Wahrheit kann man diejenigen Künstler an einer (oder sind es zwei?) Händen abzählen, die in der Lage wären, den Kammermusiksaal publikumsmäßig zu fluten. Bei einem derartig umfassenden Kulturangebot wie in Berlin ist kaum zu befürchten, dass sozusagen aus der Not geborene Zuschauerzahlen von über 1.000 zahlenden Zuschauern zu erwarten sind. Und dann haftet dem Saal noch so etwas von „Edelmusizierstätte“ an, sein Duktus ist das Seriöse, seine Bestuhlung exquisit. Zu räuspern schickt sich nicht, denn man kann das hören!

Jazzmusiker, die dort schon spielten, mögen ihn teils nicht. Sie sitzen auf einer Bühne in der Mitte im Publikum drin, dass sich circusartig um die Bühne herum versammelt und man spielt gegen gedachte Zuschauerwälle an, als wäre man -ganz Circus Maximus– dem Volke zum Fraße vorgeworfen. Allerdings sollen weder Löwen noch Tiger jemals dort gesehen worden sein. Es ist das „kleine Besteck“ gefragt, darunter versteht man Minimalverstärkeranlagen von kleinster Größe, die bereits schon ausreichen, um sich Gehör zu verschaffen. Die Heavy-Metal-Fraktion bleibt draußen, es sind eher die leiseren Töne, die sich im Saale gut Gehör verschaffen können – und wollen. Everybody schnippy but me, nannte Otto Waalkes diese Art der künstlerischen Bodenlosigkeit bereits vor Jahren

Arschgeige
Arschgeige

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Ob Jazzmusiker diesen erlauchten Saal von großer „Kajüte“ nun mögen oder nicht, sei dahingestellt. Wer den Ruf des Kammermusiksaals hört, hat ihm zu folgen. Und so kommen auch und immer wieder erlesene, moderne Künstler in die Kammerarena der Klassik gestiegen, um dem Volk nicht Brot, aber Spiele aufzutischen, und das von erlesener Qualität. Daneben, und das sei hier lediglich am Rande erwähnt, sind auch die Klassiker dort gern in Aufführungen begriffen. Für die wurde das „Dingsbums“ gebaut, und wer, aus welchen Gründen auch immer, den größeren von zwei Circus Maximussen (Berliner Jargon für den Plural von …)  nicht füllen kann, darf ausweichen und hat hier `ne Option. Gar nicht mal so selten kann daher auch umgeswitcht werden, wenn sich mangelnder Publikumszuspruch zu spät herausstellt. Oder umgekehrt.

Wer will und sich traut, kann „das Dingsbums“ als Veranstalter auch mieten. Genauere Preise erfrage man bitte bei den Philharmonischen Hausverwaltern, Abteilung Kontrakte, Statuten und Grundsatzfragen. Allerdings sei noch einmal in Erinnerung gerufen: für richtig laute Rockbands eignet sich besagtes „Dingsbums“ eher nicht. Die Meister der Anden-Panflöte, wie z.B. Una Ramos, der feurige Flamenco-Gitarrist Pedro Soler oder eben Twana Rhodes: all das sind Musiker, die in den kammermusikalischen Grundrissen das Vergnügen nicht nur auf ihrer Seite haben. Eventuell lässt sich denn dort auch das Publikum becircen.


Gaspar Claus et Pedro Soler – Episode 1 (via Youtube)

Wird nun, nach diesem Geheimtipp, der Kammermusiksaal zu einer Brutstätte der Berliner Musikszene? Oder ist er das am Ende schon? Fragen über Fragen. Aber keine Antworten.

3 Gedanken zu „Foto.Podcast: Berliner Philharmonie – Kammermusiksaal“
  1. Höchste Zeit, wie ich finde, diesen Kulturtempel auch einmal hier zu erwähnen.
    Nicht zu vergessen auch, das ganz besondere „Klima“, das dort vorherrschen soll!

  2. Ach ja, der Kommentator hat schon recht, wenn er die ausgezeichnete Grosswetterlage des Saals beschreibt; weder hat es dort jemals wirklich geschneit, noch war etwas von dem Musikal „Les miserables“ in der Luft, als es um die gewissenhafte Schnee- und Eisbeseitigung um die Bühne herum ging in der Wintersaison 2009/2010. Dies verdiente unbedingt Erwähnung und ist damit praktisch komplett nachgeholt im Rahmen der Nachrezension! Wir danken für den kenntnisreichen Hinweis.

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