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Pink Floyd – Us And Them – From Live At Pompeii(via youtube)
Inspiriert durch einen kurzen Beitrag der Sendung „Titel, Thesen, Temperamente“, der am 07.04.2013 zum 40-jährigen Jubiläum der Platte gesendet wurde. Mit Dank dafür.
Unsere Entdeckung: Die ersten Male hörten wir die Scheibe noch heimlich. Dann war sie uns unheimlich wichtig. Jetzt erinnern wir an sie: Die Kids zeigen uns einen Vogel. Und wir freuen uns heimlich, früher anders als unsere Kids heute gewesen zu sein. „The Dark Side of the Moon“ ist inzwischen ein heimlicher Gedanke geworden. Wohin wir alle diejenigen zu schießen trachten, die uns „lieb und teuer“ sind. Möglichst auf die dunkle Seite des Mondes. #Erkenntnisse zu #40 Jahre (DSOTM, 1973)
Dabei ist das Album auch 40 Jahre nach seinem Erscheinen noch frischer, jünger und bestechender, als wir es selbst sind. Wir sind älter geworden, das Album nicht. Das Album „The Dark Side Of The Moon“ feiert dieses Jahr sein 40-jähriges Jubiläum, es wurde von Pink Floyd am 24. März 1973 veröffentlicht. Alan Parsons, später selbst weltweit erfolgreich mit „The Alan Parsons Project“, war Toningenieur an den Reglern und Schiebern der Londoner Abbey Road-Tonstudios, da gleich hinter jenem Zebrastreifen.
Dabei war, zu Pink Floyd zu gelangen, in jenen Jahren nicht so schwer und doch zugleich eine Zeitenwende. Die schlimmsten Psychelismen dieser Zeit hatten ihren Zenit bereits langsam überschritten, im vierten Jahr nach Woodstock. Ich selbst (Baujahr 1962) war zu jener Zeit erst anfänglich im Begriff, der internationalen Rockmusik zu huldigen. Mein musikalischer Durst wurde noch von Dieter Thomas Heck, Chris Roberts, Rex Gildo und den ganzen anderen Schlageraffen genährt.
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Blume zum Geburtstag: Die „Biertulpe“! performed by #WMF
Dieses Jahr jährt sich das 40jährige Jubiläum der Platte DSOTM von PF. Nach den bahnbrechenden Saxophoneinlagen von „Chefblazer“ Dick Parry, der die fraglichen Parts mit Wiedererkennungswert seinerzeit einspielte, ist es jetzt Zeit für eine umfassende Bereinigung der Gesamtdiskussion. Deutschland braucht eine ganz neue Saxismusdebatte, die unabhängig geführt wird, Brüderle & Schwesterle, vereinigt Euch! #Nachgedanken via facebook, später
Als mich neulich diese Frage meiner eigenen musikalischen Menschwerdung gelegentlich eines Gesprächs interessierte, wusste ich nicht genau zu erinnern, wie es war mit ZDF-Hitparade und DISCO, Ilja Richter. Für mich war Disco-Richter „Licht aus, womms, Spot an“ erst zeitversetzt, nach Dieter Thomas.
So ging es mir auch mit Pink Floyd. Als 13-jähriger besuchte ich in Berlin-Zehlendorf (Süd) meinen damaligen Freund „Zicki“, der schräg gegenüber als Einzelkind mit seinen Eltern wohnte. Zicki war für mich verwöhnt nach Strich und Faden. In jenen Ende der sechziger Jahre errichteten Sozialwohnungen mit halben Kinder-Zimmern (unter 10 m²) hatte er drei besonders großartige Dinge, die ich nicht besaß. Er hatte in seinem eigenen halben Zimmer zum Rodelberg hin ein ziemlich neuartig gestaltetes, leicht verdunkeltes Zimmer, eine sehr große, luxuriöse Stereoanlage mit ziemlich fetten Lautsprechern und eine kleine Lichtorgel (3 Lampen) an die Stereoanlage angeschlossen. Zicki hatte zu jener Zeit eine Schallplatte (damals schwarz) namens „Wish You were here“ einer englischen Band namens „Pink Floyd“, es muss nach dem 15. September 1975 gewesen sein, das lässt sich heute schnell recherchieren. Ich war also 13 Jahre.
Ich bekam von Zicki Pink Floyd als „massive attack“ verordnet, beide Platten hätte ich bitte sogleich vollständig durchzuhören. Damals gab man damit an, eine gute Anlage zu haben, wenn es gelänge, in den tief eingefurchten Rillen des Tonträgers eingearbeitete, heimliche „satanische Sentenzen“ angemessen herauszuarbeiten. So wie man bereits viel früher Pauls verheimlichten Tod („Paul is dead“) auf Strawberry Fields Forever von den Beatles im Abspann des Stückes harmloserweise als „Cranberry Sauce“, gesprochen von John Lennon, identifizierte. So waren 1973 die Besitzer sehr guter Stereoanlagen. „Hör mal, ein Herzschlag.“ „Ein Hubschrauber.“ „Achtung, hier jetzt links“ und „boaaah“ („boaah“ war noch keine Ausdrucksweise) – „hier jetzt rechts“ — „womm wabbaahhhhh“ … „Ein Riesensaxophon ist natürlich auch da und Flöten, die auf ner Wiese wachsen“ (Irrtum, Nina Hagen, später, 1978). Wir hörten an diesem Tag „Wish You were here“ und gleich dazu im unverabredeten Doppelpack „The Dark Side Of The Moon“. Bereits in diesem frühen Alter wusste ich seit diesem Tag insgeheim, dass mir etwas sehr Wichtiges passiert war. Ich hatte „richtige Musik“ entdeckt.
Dem Schlüsselerlebnis „Pink Floyd“ folgten nun neue Erkenntnisse, es war nach dieser Initiation, als hätten sich Tür und Tor geöffnet, meine Sinne. Später nahm ich wahr, dass in unserem Hause im Keller sich die jugendlichen Fährmann-Brüder im Keller einen Partyraum eingerichtet hatten. Dort hörten sie Deep Purple und Led Zeppelin, aber ich war nur der Kleine von nebenan. Es roch komisch aus diesem Keller, Nebelwaden waberten mit einem harzich-süßen Geruch aus dem „Mäusegitter-Fenster“ und schließlich lief Pink Floyd. Ich wähnte mich glücklich, bereits bei den Älteren mitreden zu können. Sie fragten mich nur nicht und nahmen kaum Notiz von mir.
Viel später sah ich den Film „Pink Floyd in Pompeji“ das erste Mal, es war in einem Jugendheim in Berlin-Zehlendorf. „The Dark Side Of The Moon“ war mit „Wish You were here“ für mich der Initiationsritus meines Menschwerdens als ernstzunehmender Musikhörer. Ich war seriös geworden. 1977 krönte sich mein Coming Out als ernstzunehmender Rockmusikhörer mit dem Highlight meines bisherigen Lebens, als ein riesiges, mit Gas gefülltes Schwein über Berlin-Zehlendorf schwebte, mir klammheimlich zuzwinkerte, um dann abzudrehen Richtung Berlin-Charlottenburg, zur Deutschlandhalle. Dort haben Schwein und ich uns schließlich wiedergesehen. Ich war auf dem Konzert der „Animals-Tour“ von Pink Floyd, stolz wie Bolle, verliebt in diese Idee, ich gehöre nun dazu.
Die Platte „The Dark Side Of The Moon“ hat mich seit diesem Moment der Entdeckung niemals wieder losgelassen. Sie ist eine vollkommen von jeder Zeit losgelöste, komplette Bestandsaufnahme der Welt, unzeitgemäßer, ewigwährender Musik, wie Musik zu sein hätte: Frei von Trends, bedeutend, tief, politisch, psychologisch und metaphorisch. So war Pink Floyd später nur noch zwei, maximal drei weitere Alben lang, nach The Dark Side.
Der Rest ist Geschichte. Die Platte wird bis heute jährlich über 100.000 mal neu verkauft und hielt als Rekordhalter jahrzehntelang die Verkaufshitparaden in Schach. Vom Erlös kaufte sich Gitarrist David Gilmour unter anderem ein Hausboot. Rick Wright (kb) starb früh, so wie Syd Barret, der former leader der psychedelischen wilden Sixties von Pink Floyd. Pink Floyd, das ist eine so tief britische Band, dass man das Themsewasser förmlich an ihren „Walls of Sound“ herunterlaufen hören kann. „The Wall“ war gegen alles vorherige schon weitgehend zu kommerziell, wenn man in diesem Zusammenhang von „zu kommerziell“ überhaupt sprechen darf.
Nun sind wir wieder in der Gegenwart. Pink Floyd ist den Jüngeren inzwischen schon weitgehend nicht mehr bekannt, „The Dark Side Of The Moon“ kennen sie nicht wirklich. Wir möchten sie dahinschießen, wenn sie „schweres Zeugs“ sprechen, dessen Gehalt uns zu dünn vorkommt. Denn die Jüngeren brauchen durchaus „education“, bereits da irrten Pink Floyd später, wenn auch in ganz anderem Zusammenhang. Bzw. besser noch: Pink Floyd verwahrte sich nicht gegen „education“. Es war eher die viktorianische Art und Weise, an der die Band später mit „The Wall“ Anstoß nahm. Schon bei Erscheinen von „The Wall“ rümpften Pink-Floyd-Puristen die Verletzung der Form, die zu große Kommerzialität und die Tatsache jeder weltweit erfolgreichen Band, dass diese von jedem geliebt würde, sozusagen zum Weltkulturerbe der Jugend verkommen war.
Dies Phänomen ist in die Welt bewegenden Momenten vollkommener Erschütterung ganzer Sternsysteme vielfach anzutreffen : Die sie auslösen ziehen beträchtliche Teile der Menschheit auf sich wie das Licht die Fliegen. Einige fliegen zu nahe ran und verbrennen. Andere halten sich im Lichtkegel auf und sonnen sich darin, wieder andere werden nicht mal rangelassen, ans Licht dieser bahnbrechenden Erkenntnis. Gelingt es mehr als diesen, sich ins Licht zu drängen, sagen die, die schon längst da sind, es wäre nicht mehr ihre Sache und gehen. #Yin und #Yang der kleinen, unbedeutenden #Weltmusikkunde
Heute ist „The Dark Side Of The Moon“ unser Hintertürchen, wenn zwischen „us“ und „them“ wieder mal eine so große Kluftkühle frostiger Luft herrscht und uns schüttelt. Dann denken wir an Saxophonsolos eines Dick Parry oder an die großartige Stimme der Sängerin auf „The great gig in the sky“, während wir die Jüngeren in unserem Kopfkino heimlich in die Erde einstampfen in der Nähe von Neapel in Pompeji bei den „stinkenden Geysiren“, ein gelbleuchtendes Rapsfeld durchwandern und die zu Geschwätzigen in eine Kanone stopfen, um sie auf die ganz andere, die dunkle Seite des Mondes zu schießen. Danke für alles, was du für uns getan hast, Pink Floyd. Mit Pink Floyd konnten wir angemessen erwachsen werden, verantwortungsvoll und uns endlich eine eigene Meinung erlauben. Nicht mehr und auch nicht weniger.
(EP)
40 Jahre: The dark side of the Moon
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[…] denkt selbst nach…über Sinn und Unsinn von Megalonismenprismen (The Dark Side Of The Huhn, hier) oder: „Ein ziemlich altes, quietschfideles Huhn zieht nochmal etwas Großes auf.“ […]